REFERENTEN
DR. IRIS BERNDT.
studierte Kunstgeschichte und Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin und der Freien Universität Berlin. Ihr wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts, ihr Promotionsthema war 2002 populäre Druckgraphik. Sie ist seit 15 Jahren für Museen tätig, kuratierte Ausstellungen und war 2007-2014 Referentin beim Museumsverband des Landes Brandenburg. Seit Februar 2014 ist sie Direktorin des Käthe-Kollwitz-Museums Berlin.
VORTRAG
Käthe Kollwitz und das politische Plakat in der Weimarer Republik.
Das politische Plakat vor und nach dem Ersten Weltkrieg war ein Schrei in der Not. In einer Zeit ohne Radio und Fernsehen eroberte es den öffentlichen Raum und schaffte, dass wirklich jeder unmittelbar von ihm erreicht werden konnte: mehr noch als die Presse, die immer an den Kauf und die Lektüre gebunden war. Was wissen wir über die Wirkung solcher Plakate? Was macht ihre Qualität aus? Der Kurzvortrag mit Bildern (max. 25 min) betrachtet die Plakatkunst von Käthe Kollwitz als Bildmedium und vergleicht sie mit Vorläufern und Zeitgenossen, mit den modernsten Formen jener Jahre in Werbe- und Propagandaplakat. Nicht die technische Rafinesse, tiefe Gesellschaftsanalys oder eine besonders vielfältige Formensprache, sondern die bildkünstlerische Intensität zeichnet ihre Plakate aus. Auch wenn technisch ganz anders, lässt sie sich in Beziehung zu John Heartfield setzen.
DIRK POHLMANN.
hat Publizistik, Philosophie und Jura an der Johannes Gutenberg Universität Mainz studiert und weitere Ausbildungen als Berufspilot und Projektmanager absolviert. Er ist seit 1986 TV Journalist und arbeitet seit 2003 vorwiegend als investigativer Dokumentarfilmer mit Schwerpunkt Geheimdienstoperationen im Kalten Krieg. Seine Dokumentationen wurden mit guten bis exzellenten Quoten vorwiegend in Arte und ZDF ausgestrahlt, seine Arbeit stößt aber zunehmend auf Widerstand.
VORTRAG
Medienrealität und die Realität des Mediensystems im Spannungsfeld zwischen Verfassung und „Deep State“.
Unsere Verfassung schreibt ein Mediensystem vor, dass sich an Ideen der Aufklärung orientiert.
Das reale Mediensystem ist mit anderen Dingen beschäftigt, vor allem einem durch das Internet bewirkten Strukturwandel und der massenhaften Zugänglichkeit und Rezeption als „unseriös“ qualifizierter, abweichender Informationen. Wie weit Medien in der Lage sind, ihren systemischen (d.h in Deutschland Verfassungs-) Auftrag zu erfüllen, wird seit dem 1. Weltkrieg, vor allem aber seit der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Erfolgen von Propaganda diskutiert. Diese Diskussion hat der Sicherheitsstaat (Deep State) vieler Ländern, vor allem der USA, operativ beantwortet. Er muss die kritische Funktion der „Freien Presse“ nicht mehr fürchten, sondern nutzt das zunehmend dysfunktionale internationale Mediensystem als Werkzeug für seine Operationen – weitgehend ohne Reflektion dieser Entwicklung in den Medien selbst.
RALF LANKAU.
Ralf Lankau ist Grafiker, Philologe und Kunstpädagoge. Er unterrichtet seit 1985 Gestaltungstechniken mit analogen und digitalen Techniken, seit 2002 als Professor für Mediengestaltung und Medientheorie an der Hochschule Offenburg. Er leitet die grafik.werkstatt an der Fakultät Medien und Informationswesen der Hochschule Offenburg, forscht und und publiziert zu Design, Kommunikationswissenschaft und (Medien-)Pädagogik.
VORTRAG
Brave new digital world
Per Mausklick vom Netz-Biotop der Digital Na(t)ives zur digitalen Demokratur – und wieder zurück: Ein Blick auf Netzwerke, Cloud Computing und Apps hinter Display und Touchscreen.
„Digital ist besser.“ postulierte Tim Renner, Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin, noch 2011, als wären die Fehlentwicklungen der Monopolisierung und Kontrolle nicht schon zu dem Zeitpunkt erkennbar gewesen. Sascha Lobo war enttäuscht, dass die Geheimdienste das Netz zum Sammeln personenbezogener Daten missbrauchen. Ach. Auf Euphorie folgt Ernüchterung, auf jede Hausse die Baisse. Gleiches gilt für die euphorisch begrüßten und bejubelten Digitaltechniken, die sich als Trojanisches Pferd erweisen.
Technologischen Totalitarismus nennt EU-Präsident Martin Schulz das, was amerikanische Monopole wie Apple, Amazon und Google u.a. nicht nur planen, sondern bereits einsetzen. Shoshanna Zuboff benennt als die drei Ziele der digitalen Entwicklung: „Automatisierung, Digitalisierung, Kontrolle“. (Zuboff‘sche Gesetze) Das ist nicht neu. Der Chef des Bundeskriminalamtes 1980, Horst Herold, formulierte in seinem Aufsatz „Polizeiliche Datenverarbeitung und Menschenrechte“ bereits 1980, um was es im Kern geht: „Möglichkeiten von Angriffen auf die Menschenwürde finden sich bereits in den Strukturen der Elektronik angelegt.“
Diese Möglichkeiten wurden und werden in vollem Umfang genutzt. 2014 ist das Jahr 01 nach den Enthüllungen von Edward Snowden. Müssen wir das Netz abschalten, offline gehen, analog arbeiten? Nein. Wir müssen allerdings IT und den Umgang mit Netzwerken, Apps und Diensten neu denken und alternative Strukturen aufbauen. Wir müssen, nach einer schonungslosen Bestandsaufnahme, auch für das Netz humane und demokratische Parameter festlegen. Nicht das technisch Mögliche, sondern das demokratisch Gewollte und zu Verantwortende muss Primat der Netzpolitik werden. Niemand behauptet, dass das einfach ist. Allerdings: Es ist zwingend notwendig, denn die „Alternative“ ist die Digitale Demokratur.