MUSIK
GRIT DIAZ DE ARCE & PETER GOTTHARDT
Bertolt Brechts frühe politische Gedichte, Kriegsfibel und Buckower Texte in Vertonungen von Hanns Eisler und Peter Gotthardt
„Ändere die Welt, sie braucht es“ (aus dem Lehrstück „Maßnahme“, 1930) – eine radikale Absage dem historischen Stillstand und bedingungslose Hinwendung zum Neuen – nimmt Majakowskis einstige Sturmparole auf: „Brecht das Gesetz aus Adams Zeiten. Gaul Geschichte, du hinkst …“ („Linker Marsch“, 1918). Brecht ist wohl ein singulärer Fall in der deutschen Künstlerbiographie des von zwei Kriegen erschütterten 20. Jahrhunderts: ein kämpferischer Pazifist vom gleichsam ersten dichterischen Atemzug an. Bis zum letzten Augenblick, als Atropos ihm vor der Zeit das Leben abschnitt, kämpfte er – ungeachtet aller Gegenwinde aus eigenen und feindlichen Reihen – aktions- und wortstark gegen geführte und drohende Kriege mit ihren Höllenmaschinen (die einstige Klimax: Atomwaffen), was beinahe noch mehr zählt: für eine von ökonomischen und kulturellen Anachronismen befreite Gesellschaft. Er zwang zum genauen Hinschauen auf gesellschaftliche Prozesse und machte Vorschläge eingedenk des ungeheueren Entwurfs „Ändere die Welt“. Davon zeugen die frühen Kampflieder (in Eislers Vertonungen) ebenso wie die in der Mitte seines Lebens entstandene Sammlung von Photoepigrammen „Kriegsfibel“ aus Zeitungsartikeln und Photographien, die den Zweiten Weltkrieg dokumentierten (in Peter Gotthardts Vertonungen). Die „Buckower Elegien“ als Brechts Schwanengesang (1953) sind mitnichten Abgesänge an eine längst verlorene Welt. Der Dichter fand in Buckow einen locus amoenus, die ideale Landschaft für komplentative Betrachtung in spannungsreicher Auseinandersetzung mit dem aktuell-politischen Weltgeschehen. Die Umbenennung des Zyklus durch den Komponisten Peter Gotthardt in „Buckower Lieder“ liegt zunächst in formalen Auswahlkriterien von Texten begründet. Diese Umbenennung ist angemessen, denn der heutige Sprachgebrauch von „Elegie“ und „elegisch“ ist verengt auf „Schwermut“ und „wehmütig“. Brechts Elegien indes sind politische Paränesen: Aufforderungen zum Kampf (um Frieden, für die Heimat, um Liebe und Tod), die seit dem 7. Jh. v. Chr. des archaischen Griechenlands belegt sind (Kallinos, Tyrtaios und Solon). Noch einmal: „Ändere die Welt, sie braucht es!“
Grit Díaz de Arce
- in Berlin (Ost) geboren
- 1986-1991 Gesangsstudium an der Hochschule für Musik „C. M. v. Weber“ (Dresden)
- seit 1988 Konzertsängerin
- Studium der Klassischen Philologie an der HUB und FU Berlin (Magister)
- seit 2002 Latein- und Griechischlehrerin
- enge Zusammenarbeit im Duo Okeanos mit Dietmar Diesner u. v. a.
Peter M. Gotthardt
- 1941 in Leipzig geboren
- 1961-66 Musikstudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin
- (Klavier, Dirigieren, Korrepetition, Komposition)
- 1965-69 Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Sänger Ernst Busch
- 1966/67 Korrepetitor an der Komischen Oper Berlin
- 1973 Entdeckung, Förderung und Liedkompositionen für die „Puhdys“ für den Spielfilm
- „Die Legende von Paul und Paula“
- seit 1976 freiberuflich tätig
- 1991 Gründung seines VERLAGSHAUS GOTTHARDT
- seit 1965 neben unzähligen Hörspiel-, Theatermusiken, Kammermusik und Orchesterwerken tätig